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Mobile Learning - Strategisches Geschäftsfeld oder echter Mehrwert?

Gleich meine erste Blog-Serie widmet sich einem aktuellen Thema von einer eher kritischen Seite: In den letzten Monaten begegnet mir in der eLearning-Branche von überall her mit einer unerbittlichen Penetranz das Thema Mobile Learning, oder auch M-Learning genannt: Auf Messen wie der Learntec 2011 in Karlsruhe oder der Didacta in Stuttgart wurde das Thema im Februar 2011 hoch gehandelt. Adobe wiederum bringt sein neues Captivate-Release 5.5 raus und der Verdacht liegt nahe, dass dieses sehr stark mobile-learning-feature-lastige Zwischenrelease eiligst alle eLearning-Autoren mit dem entsprechenden Handwerkszeug versorgen soll. Und auch im WWW ist das Thema Mobile Learning in aller Munde.

Einleitendes

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich persönlich stehe dem Mobile Learning nicht nur interessiert sondern auch ein wenig kritisch gegenüber. Dabei gelten meine Zweifel ein Stück weit dem Konzept des mobilen Lernens selbst, aber noch mehr dem Hype, der aktuell in der freien Wirtschaft darum gemacht wird. Deshalb möchte ich in dieser Blog-Serie ein paar Aspekte des mobilen Lernens rausgreifen, kritisch beleuchten und ggs. auch diskutieren. Gegenstand dieses Beitrags ist zunächst der aktuelle Hype rund um das mobile Lernen selbst. In den kommenden Beiträgen möchte ich Technik und Produktion, Usability und Didaktik wie auch geeignete Schulungsthemen in den Fokus rücken.
Gleich vorweg noch eine Anmerkung: Die in diesem Blog angestellten Überlegungen sind nicht dafür da, die Produkte und Angebote aktuell agierender Anbieter von Mobile-Learning-Lösungen in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen, und auch nicht, um soluzione Produkte werbend aufs Podest zu stellen. Dieser Blog ist kein Sprachrohr für einen Marketing-Grabenkampf. Im Gegenteil. Der Idealfall wäre, wenn sich hier neben Experten und Nutzern von Mobile-Learning-Lösungen auch Anbieter entsprechender Lerntechnologien zu Wort melden würden. Und sei es nur, um mich eines Besseren zu belehren (Die Kommentarfunktion steht jedem Besucher auch ohne vorherige Registrierung offen) …

Die Probleme mobiler Datenübertragung

Auch ich gehöre zu den Reisenden, für die eine Zugplatzreservierung ohne Tisch und Steckdose für meinen Laptop schon fast ein Ausschlusskriterium fürs Verreisen selbst ist. Denn was sonst sollte man während einer Zugfahrt auch machen außer den Rechner aufklappen und arbeiten, unmittelbar nachdem man seinen Sitzplatz eingenommen hat? Und als ehrenamtlicher iPhone-Evangelist werde ich sowieso nicht müde, alle Menschen zur exzessiven mobilen Datenübertragung zu bekehren. Denn spätestens seit es Smartphones gibt, ist die Frage, ob ein Handy überhaupt Internet „können“ muss, abgelöst von der Frage, wie lange es überhaupt noch Menschen ohne permanenten Internetzugang geben wird, Menschen, die tatsächlich den Mut haben, sich in den „Off-Mode“ zu begeben.
Auf der anderen Seite sehe ich als versierter User von mobilen Endgeräten neben den deutlichen Vorteilen eben auch die vielen formatbedingten wie auch technologischen Grenzen mobiler Datenbeschaffung und damit auch mobilen Lernens:
Da gibt es technische Grenzen, die einem direkt vom mobilen Device aufdiktiert werden (Brauche ich eine WLAN-Verbindung, weil 3G nicht immer schnell genug ist? Wie viel Speicherplatz hat mein Device, falls ich Daten unbedingt lokal ablegen muss? Was leistet mein Akku, schließlich muss ich mit demselben Gerät ggs. noch arbeiten oder telefonieren? Sind alle benötigten Plug-Ins in der richtigen Version installiert? Sind Datenverbindung und Endgerät für den Empfang empfindlicher Unternehmensdaten ausreichend zugangsgeschützt? Usw.).
Es gibt kognitive und kontextuelle Grenzen, die den Reisenden eingrenzen, wenn er von unterwegs lernen soll (Kann ich mich an öffentlichen Orten überhaupt konzentrieren? Ist die Darstellung am Bildschirm übersichtlich genug oder bereits nach 5 Minuten zu ermüdend? Kann ich in den kurzen Zeitfenstern, die mir unterwegs bleiben, den Lernstoff in sinnvolle Abschnitte gliedern? Nutze ich diese Zeitfenster überhaupt zum Lernen, da ich ja auch noch mit meinem Laptop an meiner Präsentation schrauben muss oder fünf Geschäftspartnern einen Rückruf bei nächster Gelegenheit versprochen habe? Und nicht zuletzt: Störe ich mit dem Abspielen multimedialer Inhalte oder durch die Videotelefonie zu einem Tutor ggs. meine nähere Umgebung? Usw.).
Und es gibt didaktische Grenzen, wenn es um den Transfer zwischen Wissensaufnahme und Wissensanwendung geht. Will sagen: abrufbar und darstellbar ist heutzutage vieles an mobilen Endgeräten. Aber ist es deshalb auch erlernbar? Es ist sicherlich kein Problem, lexikalisch strukturierbares Theorie- und Abfragewissen in PDFs zu verpacken, auf die der User dann Lesezugriff hat, so dass er sie nachschlagen oder auswendig lernen kann. Aber wenn es um die Aneignung praktischen Handlungswissens geht (wie zum Beispiel bei Soft Skills oder Software-Usage) kommt ja schon das klassische eLearning umso mehr in Erklärungsnot, je weiter Lernszenario und Anwendungsszenario voneinander entfernt sind: Wie soll jemand, der sich am Computerbildschirm in welcher Form auch immer mit Gesprächsführung auseinandersetzt, später auch ein Gespräch mit einem realen Gegenüber führen können, wo ihm für seine Reaktionen nur Sekundenbruchteile bleiben werden? Und diese gleiche Frage gilt noch verschärfter für das M-Learning: Wie wird das auf einem wenige Quadratpixel kleinen Mini-Screen dargestellte Wissen vom Lernenden als eine aktiv abrufbare persönliche Handlungskompetenz internalisiert?

Die Kernfrage

Vor dem Hintergrund exakt solcher und weiterer Limitierungen mobiler Wissensaufnahme stelle ich mir die Frage: Kann der aktuelle Mobile-Learning-Hype WIRKLICH (und damit meine ich auch „wirklich“) das halten, was sich viele von ihm versprechen oder zumindest: erhoffen? Werden (beruflich) Vielreisende ihre Hardskills, Softskills oder auch Software-Kompetenzen schneller-höher-besser machen können, indem man sie zu Unterwegs-Lernern und somit zu Unentwegt-Lernern macht?
Oder ist Mobiles Lernen doch mehr ein strategisches Geschäftsfeld der Weiterbildungsbranche, auf dem man sich aktuell sehr leicht positionieren kann, ohne die echte didaktische und wirtschaftliche Effizienz solcher Technologien empirisch nachweisen zu müssen? Denn weil man einfach niemanden mehr von den Vorteilen mobiler Datenbeschaffung überzeugen muss, ist auch jeder sofort und automatisch von den Vorteilen des mobilen Lernens überzeugt; geht es doch „nur noch“ um den Content, der per 3G oder WLAN in einer bereits bestehenden Infrastruktur um den Globus geschickt werden muss.

Der eLearning-Hype der 90er: Eine Parallele?

Doch machen wir mal einen kleinen Exkurs: Ein bisschen erinnert mich die Hype-Kurve des M-Learnings an die des eLearnings in den 90ern. Wer die eLearning-Branche kennt, wird sich noch schmerzlich an dieses Jahrzehnt erinnern, in dem herkömmliches eLearning wie zum Beispiel das so genannte WBT (anfangs als Wundermittel der kostengünstigen Mitarbeiterqualifizierung gehandelt) schmerzliche Image-Einbußen einfahren musste, an deren Nachwehen die Branche noch heute zu kauen hat:
„Das Thema E-Learning hat seit dem Beginn der öffentlichen Wahrnehmung Anfang der 1990er Jahre einen spannenden Verlauf genommen. Nach der großen Aufbruchstimmung zu Beginn und in der Mitte der 1990er Jahre erfolgte wenig später ein schleichendes Ende des E-Learning Hypes. Viele Firmen, Unternehmen oder Bildungsanbieter sahen in E-Learning ihre Chance, kostengünstige virtuelle Seminare zu entwickeln und durchzuführen. Es wurden Programme, sowohl auf Datenträgern wie der CD ROM als auch webbasiert, entwickelt und verteilt oder verkauft, Firmen sparten Präsenzseminare ein und erhofften sich durch die Einführung von E-Learning eine kostengünstige Alternative im Bereich der Weiterbildung und Personalentwicklung. Wozu hat das geführt? Die von medienlastigen Selbstlernprogrammen gelangweilten Teilnehmer verweigerten sich dieser neuen Methode. Schließlich wurde E-Learning vielerorts verbannt und man begnügte sich damit, wieder auf Präsenzseminare zu setzen, ohne das Scheitern der vorherigen E-Learning Maßnahmen genauer zu untersuchen. Auf völlige Begeisterung folgte also die Rückbesinnung auf einen Status quo.“
 (Quelle: http://eedulounge.wordpress.com/2011/02/11/ist-der-begriff-e-learning-verbrannt/)
Diesen einstigen Vertrauensverlust haben aus meiner Sicht sowohl die damaligen Anbieter wie auch Einkäufer von eLearning-Lösungen ein Stück weit selbst verschuldet. Aber nicht, weil das einstige eLearning konzeptuell noch zu ineffizient gewesen wäre. Und auch nicht, weil sich die Technologie noch zu sehr hinterm Mond befunden hätte. Zumindest nicht in erster Linie.
Ein wesentliches Problem ist aus meiner Sicht: Haben Personal- und Schulungsverantwortliche Präsenzschulungen mit eLearning verglichen, haben sie im betriebswirtschaftlichen Rausch exorbitanten Einsparungspotenzials tatsächlich geglaubt oder zumindest glauben wollen, dass eLearning das alternative Wundermittel der unternehmensweiten Mitarbeiterqualifizierung sei. Und kaum jemand hat sie von diesem Glauben abbringen können, oder wollen. Sei es aus wirtschaftlichen Beweggründen, sei es, weil noch die notwendige Expertise gefehlt hat, die für einen effizienten und wirtschaftlichen Einsatz von eLearning (den es ja faktisch gibt) unabdingbar ist.
Und so haben beide Seiten (die Anbieter, weil sie etwas verkaufen wollten, und die Kunden, weil sie sparen wollten), den Hype eLearning zunächst gemeinsam geschürt und anschließend gemeinsam an die Wand gefahren – ohne dann aber (wie der Artikel richtig sagt) „[…] das Scheitern der vorherigen E-Learning Maßnahmen genauer zu untersuchen“ und dabei zu überlegen, ob dieses Scheitern tatsächlich der Technologie anzulasten ist oder nur ihrem falschen Einsatz, der seinerseits wieder auf falschen Erwartungshaltungen fußte.

Die Folgen des eLearning-Hypes heute

Heute kennen wir als eine mögliche Antwort auf diese Frage das Blended-Learning-Konzept: eine Konzession an die Tatsache, dass eLearning manchmal nur dann effizient sein kann, wenn es nicht als singuläre Maßnahme betrieben sondern an den richtigen Stellen von Präsenzveranstaltungen mitgetragen wird. Deshalb bietet jeder halbwegs verantwortungsvolle eLearning-Hersteller heutzutage seine Lösung auch nicht mehr ohne irgendeine begleitende Implementierungsmaßnahme an: So werden in Unternehmen neben den Lernenden selbst auch Trainer, Helpdesk-Mitarbeiter, Führungskräfte oder Betriebsräte durch Informations- und Kommunikationsformate eingebunden, um Vorurteile ab- und Motivation aufzubauen und so Akzeptanz und Nutzungsgrad der eLearning-Lösung bzw. der gesamten Qualifizierungsmaßnahme unternehmensweit in die Fläche zu treiben.
Und tatsächlich. Der Ruf des eLearnings in Deutschland hat sich zumindest stellenweise wieder rehabilitiert. „Seit etwa der Mitte des ersten Jahrzehntes des neuen Millenniums hat sich ein vorsichtiger Gegentrend entwickelt – vormals von E-Learning enttäuschte Unternehmen und Firmen interessieren sich langsam wieder für die Onlinewelt. Andere, neue oder in den 1990er Jahren uninteressierte Firmen, sehen in didaktisch effektiv gestalteten E-Learning Maßnahmen neue Chancen, ihr Personal zu entwickeln.
[Trotzdem bleibt der Ruf] […] des E-Learning nach wie vor zweigeteilt […]. An Universitäten vielerorts (auch nicht überall) beliebt und mit Mehrwert für Lehre und Lernen, ist die freie Wirtschaft eher skeptisch bis ablehnend (auch nicht überall) dem E-Learning gegenüber eingestellt. Ansätze wie CSCL oder das E-Interagierende Lernen setzen bereits Ausrufezeichen, werden aber meist nur an Universitäten wirklich wahrgenommen. Dies läßt durchaus den Schluß zu, daß der Begriff „E-Learning“, zumindest im Unternehmenssektor, schwierig unterzubringen ist.“
(Quelle: http://eedulounge.wordpress.com/2011/02/11/ist-der-begriff-e-learning-verbrannt/)
Vor allem in der Wirtschaft gilt es also immer noch, das Vertrauen wiederherzustellen, das man einst verspielt hat. Die Rehabilitation dauert an. Trotzdem sind auf der anderen Seite zunehmend Erfolge zu verbuchen. Doch das scheint weniger an irgendwelchen Innovationen und technologischen Fortschritten zu liegen, denn „Eine genauere Betrachtung der sich aktuell auf dem Markt befindlichen E-Learning Angebote, z. B. auf der E-Learning Messe „Learntec“ in Karlsruhe, ist  nämlich zunächst ernüchternd, handelt es sich doch in erster Linie um Anbieter von Web Based Trainings (WBT), die hier hervortreten. Didaktisch knüpfen sie an die Lernprogramme vom Beginn des E-Learning Hypes an.“ (Quelle: http://eedulounge.wordpress.com/2011/02/11/ist-der-begriff-e-learning-verbrannt/)
Ich persönlich sehe den Grund für die langsame Rehabilitierung des Wortes „eLearning“ darin, dass die allzu großen Erwartungshaltungen und Versprechungen der 90er Jahre einfach endlich zurechtgestutzt und relativiert worden sind: Heute sind eLearning-Nutzer wie auch -Anbieter in der freien Wirtschaft um viele Erfahrungen reicher, sie können sich auf einen zwischenzeitlich vorhandenen und immer noch wachsenden Erfahrungsschatz berufen und recht zuverlässig die Vorteile und Schwächen eines WBTs benennen. Sie wissen, was man von einer bestimmten Schulungstechnologie erwarten darf und was nicht; und ergänzen sie im Bedarfsfall um weitere Maßnahmen wie beispielsweise Präsenzveranstaltungen. Und in dieser realistischeren Einschätzung besteht auch die zunehmend positive Wahrnehmung elektronischer Schulungsmaßnahmen. Denn es gibt gutes und effizientes eLearning (wenn man es richtig einzusetzen weiß), es hat nur nie das eLearning gegeben, das in den 90ern als Wundermittel gehypet wurde und deshalb enttäuschen musste.

Die realistischen Grenzen des Mobile Learning finden

Doch kommen wir zurück zum Hype Mobile Learning. Alle reden von Mobile Learning. Alle wollen Mobile Learning. Alle können Mobile Learning. Mobile Learning wohin man sieht. Aber was mir, genauso wie damals beim eLearning-Hype, auch heute wieder fehlt, ist die moderat-realistische Perspektive, die kritische Reflexion, die die Frage in den Mittelpunkt bringt, was man als User vom Mobile Learning wirklich erwarten und was man als Anbieter überhaupt versprechen darf.
Die erste Frage ist für Schulungsverantwortliche relevant, weil sie ggs. kurz vor einer großen Investition stehen. Und die zweite Frage sollten sich alle Anbieter von Lernlösungen stellen, allein schon aus wirtschaftlichem Interesse: um die eigene Glaubwürdigkeit langfristig nicht zu verspielen. Auch wenn es dann halt mal zu einem Auftrag weniger kommt, weil man einem potenziellen Kunden klarmachen muss, dass seine Immer-und-überall-lernen-Wünsche an der User- oder Interface-Realität vorbeischrammen.
Mir aber kommt es aktuell manchmal so vor, als würden allein schon die bestehenden Möglichkeiten der mobilen Datenübertragung per se ausreichen, um das mobile Lernen als Erfolgskonzept in Szene setzen und begründen zu können; als müsste man nur einige technische Hürden meistern, entsprechend aufbereiteten Content auf mobile Endgeräte portieren und schon würden alle Traveller in jeder freien Minute (zwischen Hotel und Taxi, zwischen Gleis 9 und Starbucks) unentwegt lernen, lernen, lernen, lernen, lernen.
Ich halte dagegen: Nur weil mobile Datenübertragung technisch funktioniert, funktioniert eben noch lange nicht mobiles Lernen. Die bare Möglichkeit, ein PDF oder auch einen Flash-Lernfilm am PDA zu öffnen, ist noch kein Garant dafür, dass dies auch passiert und dass der Lernende darüber hinaus das neue Know-how motiviert verinnerlicht und anwendet. Allen Lernstandskontrollen, ausdruckbaren Hat-erfolgreich-teilgenommen-Zertifikaten und beruflichen Weiterbildungspflichten nur so zum Trotz.
Denn neben den relativ leicht in den Griff zu bekommenden technischen Problemen gibt es eben auch didaktische, medienpsychologische, infrastrukturelle, kontextuelle und interface-bedingte Widerstände, die in der mobilen Datenbeschaffung selbst liegen und daher implizit auch fürs mobile Lernen gelten. Einige davon habe ich oben bereits genannt, weitere werde ich in den kommenden Beiträgen nennen.
Grundsätzlich denke ich, dass Mobile Learning ein zeitgemäßer technologischer Schritt ist und als solcher ein echter Mehrwert für die berufliche Fort- und Weiterbildung sein kann, WENN man solche vielschichtigen Widerstände im Blick behält und sie bei der Entwicklung mobiler Lerninhalte wirklich ernst nimmt. Doch die aktuell umgehende Mobile-Learning-Euphorie scheint mir diesen Blick auf genau diese Grenzen so zu verklären, wie es seinerzeit der eLearning-Hype in Bezug auf all die WBTs und CBTs gemacht hat, die deshalb leider, weil unverdient, scheitern mussten.
Oder andersrum formuliert: es fehlt mir immer noch an genügend ruhigen, objektiven und kritischen Stimmen unabhängiger Dritter, vornehmlich auch aus der Wissenschaft und Forschung. Aber nicht, um das mobile Lernen auszubremsen oder zu demontieren, sondern um alle Gemüter auf realistische Erwartungshaltungen runterzukühlen und diesem Lernformat so erst überhaupt den Weg zu einer positiven und seriösen Reputation zu öffnen. Und zwar bevor zu viele ihre Euphorie erneut mit teurem Lehrgeld bezahlen, weil der auf falschen Erwartungshaltungen basierende didaktische Effekt nicht eintritt, den getätigten Invest in die Lerntechnologie deshalb nicht aufwiegt und sich viele Personaler (irgendwie sogar zu Recht) enttäuscht wieder dem „guten alten Präsenztraining“ zuwenden.
Diesen Wunsch hege ich für die Zukunft meiner Branche, und speziell für die Zukunft des mobilen Lernens. Denn gerade wenn M-Learning ein weiterer wichtiger Baustein des eLearnings von Morgen ist, müssen wir Branchenangehörige allein schon im eigenen Interesse das M-Learning von Anfang an richtig, und das heißt mit allen objektiv messbaren Vor- aber auch Nachteilen, in den Köpfen der Kunden von Morgen positionieren. Möglichkeiten dafür gibt es genug…

Wege zum effizienten Mobile Learning

In Kooperationen mit entsprechend versierten Universitäten und Hochschulen können Anbieter von Lernlösungen ihre aktuelle Mobile-Learning-Technologie etappenweise durch mehrere Interface-Studien laufen lassen und die Ergebnisse in den jeweiligen Release-Schleifen umsetzen. So wird nicht nur das Produkt ständig optimiert, die Testergebnisse liefern außerdem eine erste objektive Entscheidungsgrundlage für potenzielle Kunden, die sich jenseits von ermüdendem Marketing-Blabla kritisch mit der in Frage kommenden Technologie auseinandersetzen möchten.
Oder: Im Rahmen von kleinen, finanziell wie auch organisatorisch überschaubaren, Pilotprojekten könnten Anbieter von Lerntechnologien gemeinsam mit dem Kunden bestimmte Lernszenarien zunächst mit einer kleinen repräsentativen Nutzergruppe durchspielen. So werden beispielsweise zunächst nur 10% aller Vertriebsmitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum mit einem Prototyp einer mobilen Lernlösung auf ihrem iPhone ausgestattet. Anschließend erfolgt, im gesetzlich zulässigen Rahmen, eine Evaluation des Nutzungs- und Zugriffsverhaltens wie auch des Lernerfolgs, die mit einem gewissen Validitätsanspruch auf die restlichen 90% hochgerechnet werden kann. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse lassen nicht nur eine erste realistische Prognose auf den didaktischen Erfolg der geplanten Mobile-Learning-Technologie zu sondern zeigen darüber hinaus auch noch Stellschrauben für möglichen Verbesserungsbedarf auf.
So kann zum Beispiel eine von vielen mobilen Lernern vermisste Funktion noch hinzuprogrammiert werden oder auch die Performanz des „Learning-Apps“ erhöht werden, indem man große Datenmengen, weil sie sich selten ändern, nicht über 3G sendet sondern auf den lokalen Speicher des Endgeräts auslagert. Denn mit der Perfomance-Qualität steht und fällt die Beliebtheit eines Interfaces wesentlich.
Aber auch im organisatorischen Bereich kann ein solches Pilotprojekt die Erkenntnis zu Tage fördern, dass man zusätzliche Präsenzschulungen, die Ausbildung unternehmensinterner E-Tutoren und ggs. einige andere Informations- und Kommunikationsformate in das gesamte Qualifizierungskonzept einbinden muss.
Bei der Implementierung von eLearning-Lösungen sind solche Maßnahmen weit verbreitet und vielfach erprobt. Also könnte man sie auch auf die Inbetriebnahme einer M-Learning-Technologie übertragen und so den ersten Schritt machen: weg von den empirischen Kinderschuhen des Mobile-Learning-Hypes, hin zur einlösbaren Leistungsbeschreibung einer spannenden Technologie, die wesentlich unsere Zukunft bestimmen wird.

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